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Winzer mit Vision

Von Barbara Maey | 12. Januar 2022

Marcel Zanolari ist in den Reben, als wir auf seinem Weingut im Veltlin ankommen. Da ist er in seinem Element: er beobachtet die Natur, lernt von ihr und versucht so, den Reben ein ideales Umfeld für gutes Gedeihen zu schaffen. Das ist ganz im Sinne der Biodynamie, nach deren Grundsätzen Marcel seine 10 Hektaren bewirtschaftet.

Im biologischen Landbau wird die Pflanze mit natürlichen Mitteln geschützt. Die Grundidee der Biodynamie hingegen ist es, die Pflanze zu stärken, damit sie sich selber schützen kann. Dazu gehört zum Beispiel ein Boden, der reich an Mikroorganismen und Insekten ist. So grasen zwischen den Reben zwei Pferde und ein Pony. Sie machen den Traktor überflüssig, der beim Mähen den Boden komprimieren würde. Auf unserem Spaziergang fällt uns eine Parzelle auf, deren Boden mit bräunlichem Moos überzogen ist und auf der kaum ein grüner Halm wächst. Marcel hat diese vor ein paar Jahren von einem benachbarten Winzer übernommen. «Hier wurden so viele Herbizide gespritzt, dass der Boden tot ist», sagt er, «es braucht Jahre, bis er revitalisiert ist.»

Marcel hat eine Vision: er will wegkommen von der Monokultur, in seinen Rebbergen sollen in 50 Jahren in lockerer Bepflanzung Reben im Wechsel mit Olivenbäumen stehen. Jeder Rebstock soll frei wachsen und sich ausbreiten können – auch nach unten mit einem tiefreichenden Wurzelwerk. Die Rebstöcke sollen ihr eigenes Gleichgewicht finden und so länger Ertrag geben. Weg von der Monokultur ist auch das Motto, was die Sorten angeht: es sind über 100 an der Zahl, viele davon neue und ältere PIWI-Züchtungen (pilzwiderstandsfähige Sorten). Weg vom Holz heisst es im Keller, denn der Wein soll unverfälscht sein. Noch reift ein Teil der Weine in Holzfässern, doch diese sollen Schritt für Schritt mit Amphoren ersetzt werden. Diese, so ist Marcel überzeugt, lassen den Wein ideal reifen, geben keinen Geschmack ab und machen die Tannine weich und rund. Wir überzeugen uns davon bei einer ausgedehnten Degustation: die Resultate sprechen für sich.

Zur Autorin

Im Wein soll die Wahrheit liegen, sagten die Römer. Und die ist bekanntlich subjektiv – genauso wie Wein letztlich Geschmackssache ist. Barbara Maey bloggt als La Terroiriste über ihre Wahrheiten und Lieblingsweine, aber auch über Anbaumethoden und den gesellschaftlichen Umgang mit Alkohol. Viel Spass bei der Lektüre!


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