Auch ich habe diesen Sommer Ferien in der Schweiz gemacht. Die Reise führte uns zuerst ins Wallis, dann an den Genfersee und ins Waadtland. Wein ist natürlich auch in meinen Ferien stets ein Thema, doch versuche ich meine Recherchen so zu dosieren, dass sie familienverträglich sind und unsere 15jährige Tochter nicht so doll mit den Augen rollen und dauernd «du mit deinem Wein, Mama!» sagen muss.
Da und dort habe ich dennoch etwas degustiert und dabei eine schöne Entdeckung gemacht: den Servagnin. Es handelt sich um den ersten in der Schweiz angebauten Pinot Noir, der im Jahre 1420 von Marie de Bourgogne nach Morges gebracht wurde. Das kam so: Marie de Bourgogne heiratete den savoyischen Herzog Amédée VIII und wurde so zur Herzogin von Morges, das damals unter der Herrschaft von Savoyen war. Die Pest wütete zu jener Zeit; fünf von acht Kindern, die Marie zur Welt gebracht hatte, starben. Als sie mit dem neunten Kind schwanger war, suchte sie einen ruhigen, sicheren Ort für sich und ihre Kinder. Sie fand diesen im Petit-Bourg von St. Prex und brachte dort am 7. August 1420 – vor genau 600 Jahren – Marguerite von Savoyen zur Welt. Als Dank für die Gastfreundschaft schenkte Marie den Einwohnerinnen und Einwohnern von St. Prex einige Weinstöcke des Servagnin.
Heute wird dieser Klon ausschliesslich in der Appellation Morges angebaut und die Produktion unterliegt strengen Richtlinien, was den Ertrag, die Qualität der Trauben und die Vinifikation betrifft. Der Servagnin muss mindestens 16 Monate in einem Eichenfass reifen und eine sensorische Prüfung bestehen, bevor er auf den Markt kommt. Ich habe einen 2016er probiert, welcher von der Familie Perey gekeltert wurde. Er zeichnet sich aus durch eine duftige, blumig-fruchtige Nase, Himbeer-, Johannisbeer- und Toastnoten am Gaumen, feine Tannine und eine erfrischende Säure.
Übrigens: Maries Vater, Phillipp der Kühne, hat damals den Anbau von Gamay im Burgund verboten und somit dort dem Pinot Noir den Weg geebnet. Der Gamay wurde ins Gebiet des Beaujolais verdrängt. Wie der wohl in die Schweiz kam? Das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden…